Sonntagsreden und gesellschaftliche Verantwortung

Telekom senkt Ausbildungsquote

Die deutsche Telekom stellt sich in ihren offiziellen Auftritten im Fernsehen, Funk oder im Web als taffes Unternehmen dar. Selbstbewusst wird verkündet: "Die Telekom versteht sich als Teil der Gesellschaft und übernimmt auch Verantwortung für gesellschaftliche Belange." Auch Eltern werden angesprochen: "Bei uns kann Ihr Kind durchstarten."

"Als international agierender Konzern bieten wir eine Vielzahl an Möglichkeiten." Virtuelle Elternabende werden angeboten und auf der Webseite ist ein "Karriere Chat Bot" behilflich die richtige Berufswahl zu treffen.

Um Schul- und Studienabbrecher will sich die Telekom besonders kümmern. Birgit Bohle, vom Vorstand zuständig für Personal und Recht: "Das Ziel ist: Jungen Menschen, die durch die Pandemie den Anschluss verloren haben, wieder Perspektive und Orientierung zu bieten. Wir wollen sie fit machen für eine reguläre Ausbildung oder ein Studium."

Timotheus Höttges, Jahrgang 1962, ist seit 2014 Vorstandsvorsitzender der Telekom. Der Magenta-Gute Laune-Bär beherrscht den Jugend-Sprech, bezeichnete die Corona-Warn-App, die die Telekom gemeinsam mit SAP entwickelt hatte, als "Rockstar" und freut sich mit tiefem Lächeln über den Einzug in den Daimler-Aufsichtsrat.

Magenta bröckelt

Allerdings ist längst nicht alles Gold (oder Magenta?) was da glänzt.

So verkündete Höttges "Wir arbeiten derzeit an einem neuen zukunftsgerichteten Konzept für unsere Ausbildung. Darüber werden wir auch mit dem Sozialpartner diskutieren."

Das hört sich nett an - ist es aber nicht. Eine gute Diskussion ist in der Regel ergebnisoffen. Die Pläne der Telekom sind es aber nicht. Die Ausbildungsquote soll abgesenkt werden. Nochmal Frau Bohle: "Daher ist für uns die Balance zwischen der Entwicklung der Beschäftigtenzahlen insgesamt und der Zahl der Nachwuchskräfte ein wichtiger Planungsfaktor." Das lässt auch für die restlichen Telekom-Mitarbeiter nichts Gutes vermuten.

Verhandlungen mit ver.di

Mit dem "Sozialpartner" Telekom gab es bisher vier Gesprächsrunden. Für das Jahr 2021 soll zwar an den bundesweit 2.150 Ausbildungs/Studienplätzen festgehalten werden, für 2002 soll diese Zahl aber auf 1.850 abgesenkt werden. Darin enthalten sind auch 100 Plätze für T-Systems, wo die Telekom überhaupt nicht mehr ausbilden wollte. Zukünftig soll es dann eine prozentuale Einstellungsquote geben - 2023 sollen es 2,2 Prozent der vorhandenen Beschäftigten sein, danach wird auch diese Quote auf 2,1 Prozent abgesenkt. Da man von sinkenden Beschäftigtenzahlen ausgehen muss wird dies eine Reduzierung der Ausbildungs/Studienplätze um mehr als 20 Prozent bedeuten.

Und nun?

Im jüngsten Tarifinfo erklärt ver.di: "Die Auseinandersetzung zur Frage, und die Vereinbarung zur Anzahl der Ausbildungs-/Studienplätze hat in der Sozialpartnerbeziehung zwischen ver.di und der Telekom eine lange Tradition. ver.di hat klargestellt, dass der Dialog in dieser wichtigen Frage zwischen den Sozialpartnern nicht abreißen darf."

So fällt der Widerstand gegen die Telekom-Pläne dann eher spartanisch aus. Bundestagsabgeordnete werden angeschrieben, eine Petition an den Vorstandsvorsitzenden auf die Reise gebracht. Die ver.di-Verhandlungsführung hat der oben schon erwähnten Frau Bohle symbolisch die Petitionen zum Erhalt der Ausbildungsquoten aus den ver.di-Landesbezirksfachbereichen digital überreicht.

Keine Überlegungen scheint es zu geben wie Druck auf die Telekom-Verantwortlichen aufgebaut werden kann. Die Betriebsräte im Telekom-Konzern werden ebenso wenig in diese Überlegungen einbezogen - gerade hier gäbe es realistische Möglichkeiten, die leider verschenkt wurden. So sieht eben eine Politik aus, die den sozialpartnerschaftlichen Dialog nicht abreißen lassen will.