Harmonisierung der Entgeltrahmentarifverträge

Beteiligungsorientiert geht anders

Für die Beschäftigten des Konzerns Deutsche Telekom gelten zahllose Tarifverträge. Selbst für die Bezahlung ist die Landschaft der tariflichen Regelungen unübersichtlich. Hintergrund dieser Vielfalt sind die häufigen Umorganisationen - oft erfolgt mit dem Ziel, bestehende Entgeltniveaus abzusenken, im Grunde also Tarifflucht.

Nun hat das Management plötzlich festgestellt, dass die Handhabung so vieler Entgelt- und Übergangstarifverträge recht umständlich ist. Im Personalbereich (im guten Unternehmens-Englisch Human Resources, kurz HR, gesprochen "Aitsch Ar") fällt dadurch viel Arbeit an. Das ist nicht gut, denn auch dort soll gespart werden.

Global Job Architecture

Unter dem Stichwort "Global Job Architecture" laufen seit Herbst 2018 daher Verhandlungen mit ver.di zur Harmonisierung der Entgeltrahmentarifverträge (ERTV). Das Management behauptet, mit den Tätigkeitsbeschreibungen, die in den aktuellen Tarifverträgen hinterlegt sind, ließen sich am Arbeitsmarkt keine Arbeitnehmer mit den benötigten Fähigkeiten (Unternehmens-Englisch: Skills) finden. Daneben möchte man dann allerdings auch noch die Anzahl der Entgeltgruppen (in der Regel 10) reduzieren und die Beschäftigten entsprechend ihrer Tätigkeit eingruppieren.

Auf Grund der technischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte und der Verlagerung von Arbeiten ins (billigere) Ausland sind bei vielen Jobs, gerade in den Entgeltgruppen, in denen die Mehrzahl der Beschäftigten eingruppiert ist, Tätigkeiten weggefallen. Es besteht also die Gefahr, dass versucht wird, diese Tatsache zur Herabgruppierung großer Teile der Belegschaft zu nutzen. Außerdem will das Management an einigen Stellen den Übergang aus einer Entgeltgruppe in die nächst Höhere erschweren.

Diese Angriffe auf unsere Entgelte und Aufstiegsmöglichkeiten konnten bisher in den Verhandlungen zurückgewiesen werden. Dazu hat auch ein Abkommen beigetragen, das von ver.di als Voraussetzung für die Verhandlungen vereinbart worden war. Nach dieser Vereinbarung sollen die bestehenden Entgelte gesichert sein.

Verhandlungen ohne breite Diskussion

Nach den Erfahrungen, die die Beschäftigten in den letzten Jahrzehnten bei der Telekom sammeln mussten (Einführung der 34-Stunden-Woche mit Lohnverzicht - Standortverlagerungen - Ausgliederung Service mit Erhöhung der Wochenarbeitszeit ohne Ausgleich, dafür aber mit Absenkung des Entgelt-Niveaus - Abbau von mehr als 100.000 Arbeitsplätzen) mutet es etwas blauäugig an, dass ver.di die Verhandlungen über ein neues Bezahlsystem ohne breite Diskussion unter den Mitgliedern aufnimmt. Sollte es notwendig werden, die Position der Beschäftigten in den Verhandlungen über Druck aus den Betrieben zu unterstützen, dann fangen die gewerkschaftlichen Vertrauensleute bei NULL an. Die Diskussion der eigenen, gewerkschaftlichen Position muss dann mitten in der Auseinandersetzung erfolgen. Das zeugt von viel Vertrauen in die Kompromissfähigkeit der Managements.

Dagegen scheint das Vertrauen in die demokratische, innergewerkschaftliche Entscheidungsfindung bei den Akteuren am oberen Ende der gewerkschaftlichen Hierarchie etwas unterentwickelt. Wie sonst kann es sein, dass die komplette Neuverhandlung des konzernweiten Bezahlsystems ohne eine Diskussion in den Landesfachbereichen, Bezirksfachbereichen, Betriebsgruppen und unter den Vertrauensleuten stattfindet. Beteiligungsorientiert geht anders!