Fusion Klinikum Elisabethenstift in Darmstadt
Spannender Gruppenabend - Die Verantwortlichen scheuen die Öffentlichkeit
Anfang Juli wurden Fusionspläne zwischen dem Klinikum Darmstadt und dem Agaplesion Elisabethenstift bekannt (siehe IDDD Juli 2024). Dies ist insofern spannend, weil das Klinikum Darmstadt eine stadteigene gGmbH (gemeinnützige GmbH) und ein tarifgebundenes Mitglied im kommunalen Arbeitgeberverband, mit Betriebsrat und Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat ist. Die Kolleginnen und Kollegen des Klinikums werden nach TVÖD bezahlt. Das Agaplesion Elisabethenstift dagegen ist eine diakonische Einrichtung, mit kirchlichen Arbeitsvertragsrecht sowie einer Mitarbeitervertretung mit schwächeren Mitbestimmungsrechten und ohne Zugang zum staatlichen Arbeitsgericht.
Transparenz - Fehlanzeige
Die Entscheidung, öffentliches Eigentum zu privatisieren, erfolgt in der Regel intransparent und ohne Einbeziehung der Betroffenen. In Darmstadt war das schon 2009 bei der Umwandlung des städtischen Klinikums in eine gGmbH der Fall.
Auch bei den aktuellen Fusionsplänen gibt es keinen öffentlichen Diskussionsprozess. Anfang Juli unterzeichneten der Darmstädter Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) und der Klinikdezernent, Stadtkämmerer André Schellenberg (CDU) mit dem Agaplesion-Vorstandsvorsitzenden einen sogenannten Letter of Intent, eine Absichtserklärung. Was genau darin steht bleibt ein Geheimnis der Beteiligten. Bekannt ist nur: Gründung einer Holding, beide Krankenhäuser beteiligen sich daran mit jeweils 50 Prozent. 60 Prozent jedes Krankenhauses wechselt ins Eigentum der Holding, jeweils 40 Prozent bleiben bei Stadt (Klinikum) bzw. Elisabethenstift (Agaplesion).
Während die Darmstädter Stadtverordneten mit dem Argument, es sei ja noch nichts entschieden, abgespeist werden, geben die Geschäftsführer von Klinikum und Elisabethenstift bereits gemeinsame Interviews, in denen sie sich wegen des unternehmerischen Handelns gegenseitig auf die Schulter klopfen. Den Beschäftigten drohen die in kirchlichen Einrichtungen üblichen Löhne und Mitbestimmungsrechte, kein Streikrecht, keine Tarifverträge und kein Einfluss auf die Arbeitsbedingungen.
Warum die Stadt Darmstadt die Fusion unbedingt will lässt sich aus einer Antwort auf eine kleine Anfrage eines Stadtverordneten herauslesen. Während alle konkreten Fragen als "zur Zeit nicht beantwortbar" beschieden wurden konnte man in der Einleitung lesen: "Die Idee für die Gründung einer gemeinsamen Holding zwischen dem Klinikum Darmstadt und dem Agaplesion Elisabethenstift wurde nicht aus einer wirtschaftlichen Not geboren, sondern im Vorgriff auf die zu erwartende Krankenhausreform initiiert."
Spannender Gruppenabend
Die DKP Darmstadt hat auf ihrem letzten Gruppenabend intensiv über die geplante Fusion diskutiert. Zu Gast war eine profunde Kennerin des Gesundheitswesens. Sie berichtete über ähnliche Entwicklungen in anderen Teilen Hessens. Öffentliche Krankenhäuser sind inzwischen gegenüber privaten in der Minderheit. Hinter den Krankenhauskonzernen stehen große Firmen wie Fresenius. Es gibt enge Verflechtungen zur Pharmaindustrie und zu Herstellern medizinischer Geräte. Diese nehmen über Lobbyarbeit Einfluss auf die Politik, also auch auf Minister Lauterbach. Die Krankenhausreformen der letzten Jahre mit der Einführung der Fallpauschalen haben zu einem großem finanziellen Druck geführt. Private Kliniken picken sich lukrative Angebote heraus. Drohende Insolvenzen sind politisch gewollt. Es ist zu befürchten, dass weitere Kliniken schließen müssen. Dadurch droht ein Bruch in der Versorgungsstruktur. Ländliche Gebiete sind dann massiv unterversorgt. Außerdem gibt es eine Tendenz zu ambulanten Behandlungsmethoden.
Ein Klinik-Beschäftigter berichtete von den schwierigen Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Viele Tätigkeiten wurden ausgelagert (z.B. Wäschereien, Krankentransport, Reinigung). Das führte teilweise zu erheblichem Qualitätsverlust. Einige Krankenhäuser haben ernste Hygieneprobleme. Im Zuge der Auslagerungen wird Tarifflucht betrieben. Viele Mitarbeiter rutschen in den Mindestlohn.
Als nächste Schritte haben wir beschlossen die Gewerkschaft ver.di bei geplanten Aktivitäten zu unterstützen, Kontakt zu halten und eigene Aktionen durchzuführen. Gelegenheit dazu bietet die nächste, im September stattfindende, Stadtverordnetenversammlung.
Klinikum reagiert nervös
Mitglieder von DKP und SDAJ haben in einem in beiden Kliniken verteilten Flugblatt gegen die Fusion protestiert und über unsere grundsätzlichen Positionen zum Thema Gesundheit informiert.
Die Reaktion der städtischen Kliniken erfolgte prompt: Wir erhielten eine "Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung". Sollten wir auf dem Klinikumsgelände DKP-Flugblätter verteilen müssen wir mit einer Vertragsstrafe von 3.000 Euro rechnen.
Das zeigt deutlich: Die Verantwortlichen scheuen die Öffentlichkeit. Sie wollen die geplante Fusion ohne eine breite öffentliche Diskussion durchziehen.
Wir bleiben dabei: Gesundheit ist keine Ware! Die DKP Darmstadt fordert die Offenlegung der Fusionspläne. Die Aussage, es sei noch nichts in trockenen Tüchern zeigt, dass die Öffentlichkeit erst informiert werden soll, wenn nichts mehr zu ändern ist.