Gesundheit für alle - nicht nur für Reiche

Für eine solidarische Gesundheitskasse

Weil Du arm bist, musst Du früher sterben

Arme leben sieben Jahre kürzer als Reiche - diese Nachricht stammt nicht aus Mali oder Bangladesch, sie stammt aus Deutschland. Aus dem Gesundheitsbericht des Bundesgesundheitsministeriums. In der Gesundheitsversorgung gibt es ein Dreiklassensystem: neben den bevorzugten Privatpatienten stehen die gesetzlich Versicherten und schließlich diejenigen, die sich Zuzahlungen und Eigenanteile nicht mehr leisten können und deshalb nötige Arztbesuche streichen. Nicht mehr soziale Rechte bestimmen über den Zugang zu Gesundheit, sondern die individuelle Kaufkraft. Anstatt diesen Zustand zum Positiven zu ändern, wird die geplante "Gesundheitsreform" dazu beitragen, ihn noch zu verschlimmern.

Der Gesundheitsfonds:

Kopfpauschale

Kernstück der Neuregelung der Gesetzlichen Krankenversicherung soll der Gesundheitsfonds werden. Alle Beiträge sollen in Zukunft in diesen Fonds gehen. Die Krankenkassen erhalten dann daraus pauschalisierte Beiträge. Reicht den Kassen das Geld nicht, verlangen sie eine zusätzliche Zahlung von den bei ihnen Versicherten, unabhängig vom Einkommen. Die "Kopfpauschale". Das ist die Abkehr von der solidarischen Finanzierung. Gerade die unteren Einkommen werden überproportional belastet.

Niedrigere Zuschüsse aus Steuern

In den Fonds sollen Steuermittel für die Mitversicherung der Kinder fließen. Im Jahr 2008 sollen das 1,5 Milliarden Euro sein, 2009 dann 3 Milliarden. Das ist aber weniger als heute. Jetzt beträgt der Bundeszuschuss 4,2 Milliarden! Die Mehrwertsteuererhöhung wird auch die Gesundheitsausgaben verteuern; und so die Finanzprobleme der Krankenkassen vergrößern. Die Folge: Leistungen werden weiter abgebaut und verschlechtert.

Ende der paritätischen Finanzierung

Die paritätische Finanzierung der Krankenversicherung durch Beschäftigte und Unternehmen ist längst Vergangenheit: bereits im Jahr 2002 haben die Versicherten, also die Arbeiter und Angestellten, durch Praxisgebühr und Zuzahlungen bei Rezepten, Zahnersatz etc. 75 Prozent aller Kosten im Gesundheitswesen aufgebracht. Seit Juni 2004 zahlen sie zusätzlich 0,9 Prozent mehr vom Bruttolohn als die Unternehmerseite. Jetzt kommt noch die Kopfpauschale. Der Fonds bedeutet die Festschreibung des Ausstiegs aus der paritätischen Finanzierung: der "Arbeitgeber"anteil wird bei 7,1 Prozent eingefroren; die Versicherten zahlen 8,1 Prozent. Der Anteil für die Unternehmer sinkt immer weiter. Lohnraub durch die Hintertür!

Private Kassen sind fein raus

Die private Krankenversicherung soll nichts zur Finanzierung des Gesundheitsfonds beitragen, obwohl ihre Mitglieder von der Gesetzlichen Krankenversicherung massiv profitieren. Sie hat eine gut verdienende Klientel, die seltener krank ist als der Durchschnitt. Aber für die chronisch Kranken, die die höchsten Kosten im Gesundheitswesen verursachen und wo deshalb innerhalb der Gesetzlichen Krankenkassen ein Ausgleich existiert, wird von ihr kein Beitrag erbracht. Solidarität - Fehlanzeige!

Das Gesundheitswesen ist krank

Die Ursachen der Finanzprobleme der Gesetzlichen Krankenversicherung werden von den "Reformen" nicht angegangen:

  1. Mangelnde Einnahmen wegen anhaltender Massenarbeitslosigkeit und zunehmendem Lohndumping, durch Mini-Jobs und Niedriglöhne;
  2. Überdurchschnittliche Profite der Pharma- und Medizingeräteindustrie. Sie machen das Gesundheitswesen so teuer.
  3. Mangelnde Vorsorge und Gesundheitsförderung sowie krank machende Arbeitsbedingungen.

Ware Gesundheit

Gesundheit ist ein Mordsgeschäft, aus Patienten werden Kunden, aus Ärzten Unternehmer. Während die Gelder im Gesundheitswesen von den Versicherten kollektiv und solidarisch aufgebracht werden, fließen sie in die privaten Taschen der Pharmaindustrie, Klinikketten, Reha-Zentren usw.. Immer mehr staatliche Einrichtungen werden privatisiert und wollen hohe Gewinne machen. Das alles ist die Folge der staatlichen Zielrichtung "mehr Wettbewerb".

Verdrängungskampf und ruinöser Wettbewerb sind aber nicht das richtige Konzept, um das Menschenrecht auf Gesundheit zu gewährleisten.

Die "Gesundheitsreform" bringt für die Arbeiter, Angestellten, Rentner, Studenten und Arbeitslosen enorme Verschlechterungen. Die Vorteile liegen allein bei der medizinischen Industrie sowie bei den Unternehmen allgemein, weil für sie die sog. Lohnnebenkosten weiter abgebaut werden.

Unternehmerziel: völlige Privatisierung

Die Unternehmerverbände streben langfristig eine gesetzliche Krankenversicherung an, die nur noch ein Basispaket mit Kernleistungen bezahlt, alles andere soll privat durch Zusatzversicherungen abgedeckt werden. Jedes Jahr soll mehr abgebaut werden, bis die Versicherten ihre Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung alleine bezahlen.

Die Alternative:

solidarische Gesundheitskasse

  • eine einheitliche und umfassende Pflichtversicherung. Beamte, Freiberufler und Selbstständige werden in die Gesetzliche Krankenversicherung einbezogen. Junge stehen für Alte ein, Reiche für Arme, Gesunde für Kranke, Erwachsene für Kinder. Starke Schultern tragen mehr. Jeder zahlt seinen Beitrag prozentual zu seinem Einkommen. Die Beitragsbemessungsgrenze wird aufgehoben.
  • paritätische Finanzierung durch Unternehmen und Beschäftigte, d.h. gleiches Beitragsaufkommen für beide Seiten und Rückgängigmachung aller Zuzahlungen für Zahnersatz, bei Rezepten, Kuren und im Krankenhaus.
  • alle Einkommensarten werden zur Finanzierung herangezogen: Miet- und Zinseinnahmen, Dividenden und Spekulationsgewinne.
  • eine gewinnabhängige Gesundheitsabgabe der Unternehmen trägt zur Finanzierung der durch die Arbeitsbedingungen verursachten Krankheiten bei.

Gesundheit ist keine Ware

  • Gesundheitsversorgung ist ein soziales Recht und eine öffentliche Aufgabe. Notwendig ist eine wohnortnahe und bedarfsgerechte Versorgung. Staatliche Preiskontrolle für Medikamente und Medizintechnik sowie die Schaffung einer qualitätsgesicherten Positivliste von Medikamenten schränkt die Profite der Gesundheitsindustrie ein. Ziel ist die Überführung der Pharmaindustrie in öffentliches Eigentum, damit kein Profit mit der Krankheit der Menschen gemacht werden kann.
  • Keine weiteren Privatisierungen, sondern Rekommunalisierung und bedarfsgerechter Ausbau staatlicher Einrichtungen.
  • Für humane Arbeitsbedingungen und leistungsgerechte Bezahlung der Beschäftigten, denn nur so kann Qualität im Gesundheitswesen erreicht werden.
  • Die beste Gesundheitspolitik ist eine solidarische Gesellschaft, die eine gesundheitsfördernde Umwelt und humane Arbeitsbedingungen durchsetzt.

Viele haben gedacht: Dicker kann es nicht kommen. Nach der rotgrünen Agenda. Doch es kommt noch dicker: mit der großen Koalition.

Jedenfalls wenn wir uns nicht wehren.

Das plant die Regierung:

Gesundheitsreform: Mit dem Gesundheitsfonds drohen den Versicherten weniger Leistungen, höhere Beiträge und Kopfpauschalen. Die Privatversicherungen sollen fein raus bleiben. Die Profite der Pharmakonzerne bleiben unangetastet. Immer mehr Zwei-Klassen-Medizin. Wer arm ist, der muss früher sterben.

Rente mit 67: Absurd bei millionenfacher Arbeitslosigkeit. Außerdem: Ein Großteil der Beschäftigten hält schon heute nicht bis zur Altersgrenze durch. Darum geht es in Wirklichkeit: Renten werden weiter gekürzt. Altersarmut per Gesetz.

Steuerpolitik:Die Mehrwertsteuer wird auf 19 Prozent erhöht. Insgesamt werden 30 Milliarden Euro bei der Bevölkerung abkassiert. Den Konzernen fünf Milliarden geschenkt. Außerdem: Mehr Steuern zur Finanzierung der weltweiten Einsätze der Bundeswehr. Weitere Steuererleichterungen für die Unternehmen sind in Vorbereitung. Um ein Drittel sollen die Steuern der Konzerne sinken.

Arbeitslosengeld II: Immer mehr Druck auf Arbeitslose. Arbeitsplätze aber nicht in Sicht. Jugendliche unter 25 Jahren erhalten nur noch 276 Euro. Davon kann man nicht leben. Jetzt drohen weitere Kürzungen.

Kündigungsschutz: In den ersten 24 Monaten eines neuen Jobs heißt es: Arbeit ohne Kündigungsschutz. Jeden Tag kann man entlassen werden. Das ist Willkür!

Ausbildungsplätze: Es fehlen zehntausende von Ausbildungsplätzen. Nicht einmal ein Viertel der Betriebe bildet aus. Der Ausbildungspakt von Unternehmern und Bundesregierung hilft nicht weiter.

Es reicht!

Gewerkschaften, soziale Bewegungen und die Linke mobilisieren gegen Sozialabbau und für Alternativen für die solidarische und gerechte Erneuerung von Demokratie und Sozialstaat. Nach den Demonstrationen vom 21. Oktober geht es weiter: Im Betrieb und auf der Straße, im Stadtteil, in der Schule und an der Uni.