Ende der Sause - wer zahlt die Zeche?

Gewinnwarnungen - Meldungen über Massenentlassungen - negative Konjunkturprognosen. Die Wirtschaftsberichte der deutschen "Qualitätsmedien" sind in den letzten Monaten ganz eindeutig von wachsendem Pessimismus geprägt. Während in den letzten Jahren noch von "robustem Wachstum" die Rede war, scheint sich die Dauerkrise seit 2008 jetzt auch auf die Erwartungen der Top-Manager und Aktionäre auszuwirken.

"Weltbankchef sorgt sich um Zustand der Wirtschaft" titelt Spiegel Online am 4. Juni 2019. Im gleichen Medium: "Stimmung in deutscher Wirtschaft fällt auf Sechs-Jahres-Tief" am 25. Juli und "Rezessionsangst erreicht Jobmarkt" am 30. Juli. Deutlich peppiger, aber nicht weniger pessimistisch die WirtschaftsWoche vom 6. August: "Konjunktureinbruch voraus - Crash, Boom, Bang".

Die Erklärungen für den erwarteten Einbruch der Weltwirtschaft waren anfangs etwas naiv: Der Protektionismus des Herrn Trump und der Brexit wurden als Hauptursachen identifiziert. In den letzten Wochen haben die Analysten mit etwas mehr Realismus argumentiert: Die schwächelnde Weltkonjunktur kam ins Spiel. Für die an der deutschen Exportwalze orientierte heimische Wirtschaft ganz schlechte Aussichten. Einzig die auf Insolvenzverfahren spezialisierten Wirtschaftskanzleien sehen rosigen Zeiten entgegen. "Ich rechne mit einem Konjunktureinbruch ähnlich wie 2008" meint beispielsweise Michael Pluta, dessen Kanzlei zu den führenden Insolvenzspezialisten zählt. "Wir sind im Prinzip schon mittendrin, die weltweiten Risiken nehmen zu, die Kurzarbeit steigt".

Betroffen von der beginnenden Weltwirtschaftskrise sind unterschiedliche Branchen. Neben der klassischen Exportwirtschaft, wie Automobil- und Maschinenbau oder der chemischen Industrie auch Einzelhandel, Lebensmittel und Industrie. Die Sanierungsspezialisten (Sanierung steht hier für Personalabbau und Umstrukturierung) rechnen auf Grund des Drucks bei gewerblichen Immobilien auch mit Problemen im gesamten Immobiliensektor.

Die Krise hat bereits bei Maschinen- und Anlagenbau Auswirkungen. Ob Bosch, Schaeffler, Conti oder Mahle, die Autozulieferer beispielsweise haben bereits angekündigt, Jobs abzubauen und Standorte zu schließen. Das gleiche Bild finden wir bei Siemens, VW, Audi und Opel.

Hintergründe

Dass das Gebaren eines Donald Trump oder das Votum der Briten für den Austritt aus der Europäischen Union eine robust wachsende Weltwirtschaft nicht in den Abgrund reißen können, scheint langsam auch bei den Wirtschaftsanalysten der Konzernmedien angekommen zu sein. Vielmehr war das Geschwafel vom robusten Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre eher die Sicht der herrschenden Eigentümerklasse auf die wirtschaftlichen Verhältnisse. Während die von Lohnarbeit abhängigen Menschen sich mit stagnierenden oder sinkenden Realeinkommen herumschlagen mussten, haben Aktionäre und Eigentümer ihre Einkommen im 2-stelligen Prozentbereich gesteigert. Und dies trotz einer seit der Finanzkrise von 2008 eher stagnierenden Weltkonjunktur.

Hartz-IV und die damit erpresste Lohnzurückhaltung der Gewerkschaften, aber auch die Einsparungen der Konzerne dank Renten- und Gesundheitsreform haben den deutschen Unternehmen das Werkzeug in die Hand gegeben, um die europäischen und internationalen Wettbewerber niederzukonkurrieren. Die deutschen Kapitalisten haben so selbst während der Krisenjahre noch profitiert. Auf Kosten der arbeitenden Menschen hierzulande und in den Ländern, deren Wirtschaft niederkonkurriert wurde. Allerdings können solche Verhältnisse nicht von Dauer sein. Die durch deutschen Billigexporte in den Ruin getriebenen Ökonomien fallen nach und nach als Absatzmärkte aus. Die Menschen in diesen Ländern haben schlicht nicht mehr die Mittel, um sich selbst die billigen deutschen Waren leisten zu können.

Wer zahlt die Zeche?

Die gewerkschaftliche Parole während der Krisenjahre 2008/2009 lautete: "Wir zahlen nicht für Eure Krise!". Am Ende haben aber natürlich die von Lohnarbeit Abhängigen hier und in der gesamten EU die Zeche gezahlt. Gewerkschaftliche Kämpfe, die zu der vollmundigen Parole gepasst hätten, gab es in Deutschland nicht. Die aktuellen gewerkschaftlichen Orientierungen, beispielsweise in der Frage Arbeitszeitverkürzung, lassen vermuten, dass sich die Geschichte hier wiederholt. Dabei wäre gerade der gewerkschaftliche und gesellschaftliche Kampf um eine massive Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich ein Instrument, um die Kosten der Krise auf diejenigen abzuwälzen, die diese Krise verursacht und noch an ihr verdient haben - die Kapitalisten!