Was braucht es für agiles Arbeiten?
Sich selbst organisieren?
Agiles Arbeiten - die Meinungen über den Nutzen gerade für Beschäftigte gehen auseinander, auch in unserem Redaktionsteam. Nachfolgend ein Diskussionsbeitrag. Verweisen möchten wir auch auf unsere öffentliche Redaktionssitzung am 8.5.2019 - mitdiskutieren ausdrücklich erwünscht.
Agile Arbeit hat viele aktive Anhänger*Innen rund um die Welt. Einige davon beschäftigen sich mit "ihrer Arbeit" auch in Ihrer Freizeit, gestalten Podcasts oder Reisen zu Konferenzen zum Thema "agile". Doch worum geht es, wenn wir über agile Arbeit reden? Und wie kann es sein, dass viele Menschen agile Arbeit bis in ihr Privatleben leben, andere jedoch sogar Angst davor haben, zumindest aber Ablehnung empfinden?
Was ist also agile Arbeit?
Die Buzzwords "Squad", "Chapter", "Scrum” oder "Kanban" werde die meisten schon einmal gehört haben. Das ist es jedoch nicht, was die agile Welt im Kern beschreibt. Agile Arbeit sind diese vier Grundsätze des "Agile Manifesto" (1):
- Individuen und Interaktionen stehen über Prozessen und Werkzeugen
- Funktionierende Software steht über einer umfassenden Dokumentation
- Zusammenarbeit mit dem Kunden steht über der Vertragsverhandlung
- Reagieren auf Veränderung steht über dem Befolgen eines Plans
In der Softwareentwicklung finden agile Methoden schon lange Anwendung und haben vor allem auch dort ihre Verfechter*Innen. Als agil gelten hier nicht nur SCRUM und Kanban. Begriffe wie Extreme Programming (XP) beschreiben Sammlungen von verschiedenen Techniken die zu besserer Softwarequalität und zufriedeneren Nutzer*Innen führen sollen.
Wenn also agile Arbeit bedeutet, dass alles qualitativ hochwertiger wird und die Kund*Innen zufriedener sind, dann sei allen geholfen. Fehlt noch der Blick auf die Mitarbeiter*Innen oder nach SCRUM: Das Dev-Team und die beteiligten Rollen.
Aber wer ist das Dev-Team, woher kommen Product Owner?
Verspricht sich eine Organisation nun, dass sich die Kund*Innenzufriedenheit maximieren lässt und sich in erster Linie die Kosten senken lassen, wenn man einfach agil arbeitet, dann stehen wir vor einem möglichen Problem: Zügig wird eine Lösung geschaffen, bei der man bestehende Strukturen mit agilem Vokabular versieht. Teams werden Squads, ganze Bereiche zu Chaptern. Es werden Tools wie "Scrum Boards" bereitgestellt, Vorgesetzte werden zu "Product Ownern". Was hat das dann zur Folge? Die Führungskraft erfragt jeden Tag im "Daily Scrum" den Fortschritt. Alles muss genau auf dem Scrum Board dokumentiert sein. Wenn möglich werden daraus noch Auswertungen gezogen. Das setzt die Mitarbeiter*Innen unter Druck. Die Frage, inwiefern das noch etwas mit dem "Agile Manifesto" zu tun hat, stellt sich dann nicht mehr.
Was braucht es also, damit "agile Arbeit" funktioniert?
Die persönliche Erfahrung zeigt: Es kann hervorragend funktionieren. Aber worauf kommt es dabei an? Zum einen auf den Rahmen, zum anderen (und vor allem) darauf, was das Team daraus macht.
Das Team benötigt die Möglichkeit sich selbst zu organisieren. Wenn SCRUM nicht passt, muss das Team eigenmächtig Elemente austauschen oder hinzufügen dürfen. Ein Productowner sollte nicht die Führungskraft sein und wenn doch, muss sie bereit sein, Verantwortung zu übergeben. Es empfiehlt sich, das Ganze von einem Agile Coach begleiten zu lassen. Dieser kann als Scrum Master fungieren oder andere (agile) Methoden in das Team bringen, wenn der Bedarf besteht.
Wenn das Team sich dann noch gemeinsam darauf einlässt, kann agile Arbeit in einem Konzern wie der Telekom funktionieren. Oder kurz: Agile nutzen als Sprungbrett zur Selbstorganisation.