Parlamentarische Vorbereitung eines Angriffs - Neues Gesetz zur "Reintegration des Donbass" erlassen

Mit dem Gesetz zur "Reintegration des Donbass" will der ukrainische Präsident seine Stellung festigen. Volksrepubliken fürchten einen erneuten Angriff von ukrainischer Seite.

Am 18. Januar hat das ukrainische Parlament, die Oberste Rada, das von Präsidenten Poroschenko eingebrachte Gesetz zur "Reintegration des Donbass" - offizielle Bezeichnung "Über die Besonderheiten der staatlichen Politik zur Gewährleistung der Souveränität der Ukraine über die zeitweise besetzten Territorien im Donezker und Lugankser Oblast" - beschlossen.

In diesem Gesetz wird die Russische Föderation (RF) zum Aggressor und der Donbass zu von Russland besetztem Gebiet erklärt. Damit werden ausdrücklich sämtliche Schäden, die die ukrainische Aggression gegen die Volksrepubliken des Donbass angerichtet hat und noch anrichtet, der RF angelastet. Das Gesetz ermächtigt den Präsidenten, die Streitkräfte ohne Parlamentsbeschluss im Inneren einzusetzen (im übrigen keineswegs nur im Donbass), und zwar ohne ausdrücklich den Kriegszustand auszurufen. Es sieht weiter die Schaffung eines einheitlichen Stabs der ukrainischen Streitkräfte vor, der nicht nur die Truppen in der Konfliktzone, sondern auch die militärisch-zivilen Verwaltungen, also die ukrainischen Besatzungsbehörden in den von der Ukraine kontrollierten Teilen der Volksrepubliken des Donbass, beaufsichtigen soll.

Mit diesem Gesetz hat das ukrainische Parlament eine gesetzliche Grundlage für die "Antiterroroperation" gegen den Donbass geschaffen, denn nach der ukrainischen Verfassung ist ein Einsatz der Streitkräfte im Inneren nicht zulässig.

Das Gesetz ist de facto eine Aufkündigung der Minsker Vereinbarungen, denn diese gehen von einem Bürgerkrieg in der Ukraine aus und sehen direkte Verhandlungen und Vereinbarungen zwischen Kiew und den Volksrepubliken vor. Es beinhaltet eine Strafandrohung gegen alle Beamten der Volksrepubliken (die als "Besatzungsverwaltung" bezeichnet werden), was dem von "Minsk" vorgesehenen Amnestiegesetz widerspricht.

Die Volksrepubliken sehen das Gesetz daher als Vorbereitung eines möglichen breit angelegten Angriffs von ukrainischer Seite. Das Staatsoberhaupt der Donezker Volksrepublik (DVR) Alexander Sachartschenko sprach davon, dass der ukrainischen Militärclique damit die Fesseln abgenommen werden. Der Vertreter der RF bei den Minsker Verhandlungen Boris Gryslow sagte, dass faktisch ein den Minsker Vereinbarungen entgegengesetzter Weg gewählt wurde und dies für den Donbass ein Signal für die Verhandlungsunfähigkeit der Ukraine, sowie für die Notwendigkeit, sich auf die Verteidigung vorzubereiten, sei. Vertreter sowohl der Volksrepubliken als auch der RF weisen darauf hin, dass der Zeitpunkt, zu dem das Gesetz beschlossen wurde, kein Zufall ist. Momentan ist von Lieferung tödlicher Waffen, u. a. von Luftabwehrraketen, von den USA an die Ukraine die Rede. Auch von US-Seite werde auf eine Eskalation des Konflikts gesetzt. Die deutsche Bundesregierung steht voll und ganz auf der Seite der Ukraine. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes Breul sagte am 19. Januar auf einer Regierungspressekonferenz: "Das von Ihnen angesprochene Gesetz bekennt sich ja ausdrücklich zu friedlichen Konfliktlösungen und zielt nicht auf Eskalation ab."

Nicht in das Gesetz aufgenommen wurden, obwohl in Änderungsanträgen gefordert, der Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit der RF sowie die Aufkündigung des Freundschaftsvertrags zwischen der Ukraine und der RF. Letzteres mit dem Hinweis, dass in diesem die Grenzen zwischen den zwei Staaten festgelegt sind.

Das Gesetz hat auch wichtige innenpolitische Aspekte. Es stärkt die Position Poroschenkos, der derzeit in der Bevölkerung nur eine geringe Unterstützung hat. Dies - und nicht die Kriegspolitik der Regierung - ist auch einer der Gründe, warum es von vielen Vertretern faschistischer und anderer Rechtskräfte abgelehnt wird. In jedem Fall macht es den Weg zu einer möglichen Eskalation der ukrainischen Aggression im Donbass frei.

Quelle: UZ Ausgabe 26.01.2018, Renate Koppe