EU zeichnet Venezuelas Opposition aus

Diesmal hat man sich in Strasbourg etwas ganz Besonderes ausgedacht

Jedes Jahr verleiht das EU-Parlament eine Auszeichnung für Leute, die sich ihrer Meinung nach in besonderer Weise für Menschenrechte eingesetzt haben. Im vergangenen Jahr waren das Nadia Murad und Lamija Adschi Baschar, zwei von den Dschihadisten des "Islamischen Staats" verfolgte Jesidinnen. Im Jahr zuvor wurde Raif Badawi geehrt, ein in Saudi-Arabien zu zehn Jahren Haft und 1.000 Stockhieben verurteilter Blogger. In diesem Jahr wurde es mal wieder Zeit, dass das EU-Parlament dem Namensgeber des Preises, dem sowjetischen "Dissidenten" Andrej Sacharow, gerecht wird. Was taugt schließlich so eine Auszeichnung, wenn man mit ihr nicht sozialistischen Regierungen oder irgendwelchen Linken ordentlich einen mitgeben kann. So wie 2010, als der "kubanische Regimekritiker" Guillermo Fariñas gefeiert wurde.

Diesmal hat man sich in Strasbourg etwas ganz Besonderes ausgedacht. Preisträger ist 2017 "die demokratische Opposition in Venezuela". Die hat sich das wirklich verdient. Der monatelange Barrikadenkampf gegen die Sicherheitskräfte, Brandanschläge auf Krankenhäuser, Busse und Behörden, Morde an tatsächlichen oder vermeintlichen Regierungsanhängern - wenn man auf diese Weise schon nicht den gewählten Präsidenten stürzen kann, dann sollte wenigstens eine Reise nach Strasbourg drin sein.

Einziges Problem ist nun, wer denn für diese "demokratische Opposition" eigentlich den Preis entgegennehmen, eine angemessen salbungsvolle Rede halten und natürlich die 50.000 Euro Prämie einstreichen soll. Denn diese preiswerte Bewegung zerlegt sich in Venezuela gerade nach Strich und Faden selbst. Die Nachrichtenagentur AFP schreibt, dass Parlamentspräsident Julio Borges "sowie mehrere andere Oppositionsführer" prämiert werden sollen. Das wird noch lustig.

Quelle: Tageszeitung junge Welt